"Salman und Morolf" von Hans Dirnstein. Ms. Germ. Quart 13. Frankfurt am Main 1479

Ringautomat in „Salman und Morolf“

"Salman und Morolf" von Hans Dirnstein. Ms. Germ. Quart 13. Frankfurt am Main 1479
„Salman und Morolf“ von Hans Dirmstein. Ms. Germ. 13, Frankfurt am Main 1479

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In „Salman und Morolf“, ein anonym überliefertes Spielmannsepos, setzt Morolf einen musikalischen Ringautomaten als Verführungsmittel beim Schachspiel ein.

 

„Salman und Morolf“ ist ein in der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts vermutlich im Rheinland anonym entstandenes  spielmännisches Epos mit 800 sogenannten Morofstrophen. Die Überlieferung des Textes erfolgte nur in Handschriften des 15. Jahrhunderts. Ältere Handschriften, die aus mittelalterlicher Zeit stammen, sind nicht erhalten geblieben. Insgesamt sind drei Handschriften und drei Fragmente des Textes, die im dritten Viertel des 15. Jahrhunderts entstanden sind, vorhanden.

 

Der Text besteht aus Morolfstrophen

Der Text ist strophisch überliefert, wobei er in die Nähe der sangbaren Heldendichtung rückt. Andere Brautwerbungs- und Spielmannsepen sind nicht strophisch überliefert. Die Morolfstrophen bestehen aus fünf Versen. Das Reimschema ist aacb mit drei Hebungen. Die Waisenzeile ist vierhebig. Eine Melodie der Morolfstrophe ist nicht überliefert. Im Lindenschmidtton lebt die Morofstrophe in einer metrisch geringfügigen Veränderung weiter. Im 14. und 16. Jahrhundert verbreitete sich der Lindenschmidtton in Deutschland, Österreich, Schweiz und den Niederlanden.

 

Aussprüche Salomons und volkstümliche Gnomik sind Quellen

Die Salomonsage, der mittelalterliche „Dialogus Salomonis et Marcolfi“, die schon im 12. Jahrhundert im nordfranzösischen-anglonormannischen Kulturraum entstand, die Aussprüche Salomons, die „Proverbia Salomonis“ und biblische Zitate sind Quellen für den „Dialogus Salomonis et Marcolfi“, währenddessen die Aussprüche Markolfs aus der volkstümlichen Gnomik stammen. Deutschsprachige Bearbeitungen sind unter anderem bei Gregor Hayden und im Volksbuch „Salomon und Markolf“ zu finden. Der Abschluss des „Salomon und Markolf“-Textes ist der Spielmannsepos „Salman und Morolf“.

 

Ringe sind Zauber- und Heilsträger

Im „Salman und Morolf“-Text sind Ringe die Zauber- und Heilsträger. Musik ist der dementsprechende Gegenzauber. Es kommt zu einem Zweikampf zwischen der magisch-gesteuerten Salme und dem unstandesgemäß gewalttätigen und listig skrupellosen Morolf, der gottergeben und ein Verwandlungskünstler ist. Morolf besitzt unter anderem auch technische Fertigkeiten. In dem Text befindet sich eine Schachszene, welche bei der Analyse eine besondere Stellung einnimmt. Das „schachzabelspil“ diente dazu „kurtzewil“ zu vertreiben und Zerstreuung zu suchen.

 

Morolfs musikalischer Ringautomat dient der Verführung

In der Folge des Schachspiels setzt Morolf auch Verführungsmittel ein, um die Schachpartie zu gewinnen, da mit Regeln des Schachspiels gegen Salme nicht zu gewinnen ist. In der Schachpartie ist außerdem erfindungsreich und witzig die Verarbeitung eines Vogelautomaten. Eine genaue Ortsangabe, wo Salme und Morolf zusammen Schach spielten, fehlt in der folgenden Textstelle. Es wird nur erzählt, dass Morolf über das Meer zu der adligen Königin gefahren ist, um mit ihr Schach zu spielen.

 

Morolf hete gefüret über se

nach der edelen kunigin her

ein alrot guldin vingerlin

da was mit spehen listen

ein nachtegal verwirket in

(Strophe 248, Verse 1301-1305)

„Morolf hatte über das Meer zu der edlen Königin einen rotgelben Ring mitgeführt, worin mit raffinierter Zauberkraft eine Nachtigall eingearbeitet worden war.“

 

Er stiez daz vingerlin an die hant:

die nachtegal hup uf und sanc,

daz es also suze erhal

[die kunigin sach daz vingerlin an,]

bitz daz er ir ein ritter

unde zwene venden verstal.

(Strophe 249, Verse 1306-1310)

„Er streifte ihr den Ring über den Finger: da begann die Nachtigall zu singen, dass es süß erklang. Die Königin schaute das Ringlein so lange an, bis er ihr einen Läufer und zwei Bauern wegnahm.“

 

Mit freuden er obe dem brete saz:

die kunigin schoute die nachtigal,

bit sie der schachzabelsteine vergaz.

da mit erwerte er daz spil.

Morolf kurzewile

wart vor der kuniginne vil.

(Strophe 250, Verse 1310-1316)

„Mit Freuden saß er über dem Schachbrett. Die Königin schaute die Nachtigall an, bis sie die Schachfiguren vergaß. Damit gewann er das Spiel. Morolf hatte viel Vergnügen mit der Königin.“

 

‚Frowe, ist dir daz spil erwert,

hat der [ellende] bilgerin sin houbt ernert‘.

Morolf hup uf sin stimme und sang,

da mit er der kunigin [edele]

ir freude harte benam.

(Strophe 251, Verse 1318-1322)

„“Herrin, hast du das Spiel verloren, hat der [arme] Pilger seinen Kopf gerettet.“ Morolf erhob seine Stimme und sang und das mißfiel der adligen Königin kaum.“

 

Er sang baz dan keiner slachte man,

allez wart freudenrich

daz den don von ime vernam,

ein wise, die was wonnesam,

als sie der kunig Davit

uz dien alten lieden nam.

(Strophe 252, Verse 1322-1327)

„Er sang besser als jeder andere Mann und sie freute sich, den Gesang von ihm zu vernehmen. Eine Weise, die das Herz erfreute, so wie der König David aus alten Liedern entnommen.“

 

zitiert nach:

Die Deutschen Dichtungen von Salomon und Markolf (I. Band Salman und Morolf), hrsg. von Friedrich Vogt, Halle 1880, S.51-52.

Die neuhochdeutsche Übersetzung stammt von Bernd Kirchhof, M.A.© 2003.

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